Die autonome Produktion stellt hochindividuelle Produkte in Kleinserien oder komplexen Maschinen ohne menschliche Hilfe her, zuverlässig, rund um die Uhr, mit hohem Durchsatz und zu deutlich geringeren Stückkosten als bisher. Wie nah sind wir an dieser Vision? Und welche Rolle wird der Mensch dabei spielen?
Die automatisierte Produktion ist als eine große "Wenn, dann..."-Logik konzipiert. Wenn ein Sensor einen bestimmten Wert liefert, führt ein Aktor eine im Voraus definierte Aktion aus, die diesem Wert entspricht. Der gesamte Prozess ist vollständig regelbasiert und stützt sich auf einen vollständigen Satz von Informationen. Die autonome Produktion unterscheidet sich dadurch, dass das System unvorhergesehene Situationen erkennt, sie bewertet und auf der Grundlage unvollständiger Daten eine unabhängige Entscheidung treffen kann. Autonome Produktionssysteme sind somit in der Lage, die Produktion zu planen, auszuführen und bei Störungen einzugreifen, wie es der Mensch bisher getan hat.
In der autonomen Produktion müssen Logistik und automatisierte Fertigungsanlagen zu einem cyber-physischen System organisiert werden, das in diesem Zusammenhang als intelligente Fabrik bezeichnet werden kann. Dazu gehören z. B. fahrerlose Transportsysteme, selbstregulierende Maschinen, Sensoren, Kameras und vor allem eine IT-Infrastruktur, die all diese Elemente nahtlos und umfassend miteinander vernetzt. Nur so ist eine vorausschauende und bedarfsgerechte Produktion möglich
Die folgenden fünf Technologien stellen die Mindestanforderungen für die Einführung einer autonomen Produktion dar:
KI ist zum Oberbegriff für Algorithmen geworden, die nicht auf "Wenn-dann"-Logik oder Physik beruhen. Am bekanntesten sind neuronale Netze, auf deren Grundlage derzeit selbstlernende Systeme für maschinelles Lernen entwickelt werden. Maschinelles Lernen ist die Schlüsseltechnologie der KI und modelliert allein über die im System erzeugten Daten. Die einzelnen KI-Bausteine lösen spezifische Aufgaben, für die sie entwickelt und trainiert werden. Dies sind vor allem alle Arten von Mustererkennung und -verarbeitung. Unterstützt wird dies durch ein Agentensystem, das koordinierende Aufgaben plant, ausführt und auswertet.
Im Gegensatz zur Serienfertigung, bei der viel Aufwand in die manuelle Optimierung des Prozesses gesteckt werden kann, können bei Losgröße 1 keine Erfahrungswerte verwendet werden. Um ein solches Teil herzustellen, müssen softwaregesteuerte Prozesssimulationen durchgeführt werden. Dies wiederum erfordert eine kontinuierliche Verknüpfung zwischen den realen Produktionsdaten und den physikalischen Simulationsmodellen.
Neben der Erfassung und Verarbeitung beliebiger Sensordaten in den Maschinen ist eine ausgefeilte Bildverarbeitung eine zwingende Voraussetzung für die autonome Produktion. Sie ersetzt das menschliche Auge und beobachtet die Prozesse von außen.
Alle am Prozess beteiligten Systeme müssen entlang der gesamten Kette vom Auftragseingang über die Produktion bis zur Auslieferung vernetzt sein. Gleichzeitig ermöglicht es eine dezentrale IT-Infrastruktur, Produktionsentscheidungen in Echtzeit zu treffen und zum Beispiel die Steuerung eines Roboters in Echtzeit zu schreiben und anzupassen.
Der Transport und die Handhabung von Teilen innerhalb der Fabrik muss durch fahrerlose Transportsysteme erfolgen.
Während die einzelnen Technologien bereit sind, gibt es noch zahlreiche Herausforderungen bei der Umsetzung der autonomen Produktion. An erster Stelle steht die Herausforderung, hochwertige Daten für das Training von KI oder maschinellem Lernen bereitzustellen. Sie müssen alle relevanten Produktionsvariablen und Korrelationen enthalten. Der heterogene Maschinenpark stellt hier ein Problem dar. Da Google den Übergang von einem manuell gepflegten Suchverzeichnis für Internetrecherchen zu einem Crawler-basierten System vollzogen hat, muss hier ein Umdenken in Bezug auf Datenstruktur und Modell stattfinden. Während einige Unternehmen alle fünf genannten Technologien bereits vereinzelt einsetzen und daran arbeiten, diese aufzuwecken und weiter auszurollen, stehen andere Unternehmen noch ganz am Anfang.
Die autonome Produktion ist zwingend erforderlich, wenn das Produktionssystem so komplex geworden ist, dass es unmöglich ist, alle relevanten Konstellationen gedanklich zu antizipieren und zu automatisieren. Dies gilt insbesondere für die Produktion der Losgröße 1 und komplexe chemische und physikalische Prozesse mit Hunderten von Einstellparametern.
Die vollautonome Produktion soll ohne das Eingreifen und die Hilfe von Menschen funktionieren. Dies betrifft jedoch in erster Linie die Planung und Entscheidungsfindung. Menschen werden weiterhin in Fabriken zusammen mit Maschinen arbeiten. Die Arbeitsvorbereitung und -planung wird jedoch nicht mehr von Menschen, sondern von einer KI durchgeführt. KI-Operatoren wiederum, die analog zu den bisherigen Maschinenbedienern sind, überwachen das gesamte System. Dies erfordert völlig neue Ausbildungsberufe. Darüber hinaus ist eine KI in hohem Maße auf Informationen angewiesen und wird daher dem Menschen umfangreiche Fragen stellen bzw. Daten beschriften lassen. Künstliche Intelligenz wird den Menschen als die wichtigste Ressource der autonomen Fertigung betrachten und dies wahrscheinlich auch mathematisch nachweisen können. Nur so wird es möglich sein, deutlich komplexere und technisch anspruchsvollere Produkte, auch in Nischen, zu einem deutlich niedrigeren Preis herzustellen.